“Braunbuch” zu #Famous an die Stadt übergeben

Die Lenkungsgruppe Runder Tisch für Toleranz & Demokratie der Stadt Neumünster, zu dem neben den demokratischen Parteien, Gewerkschaften, der Kirche sowie muslimischen und migrantischen Gruppen zahlreiche Vereine zählen (siehe Liste), hat die Unterstützung der Kampagne “Kein Fame für Famous” bekannt gegeben.

Grundlage für diese Entscheidung war die Vorlage eines “Braunbuchs” zu den extrem rechten Hintergründen und Bandidos-Verstrickungen des Tattooladens “Famous”, das VertreterInnen anlässlich der letzten Tagung der Lenkungsgruppe vorstellten. Bei dieser Gelegenheit wurde das “Braunbuch” auch dem Ersten Stadtrat Carsten Hillgruber überreicht.

Auszüge aus dem “Braunbuch” sind hier zu finden: https://twitter.com/AntifaNMS/status/1180222446919716864

taz berichtet erneut über #Famous

Neben lokalen Medien hat auch die Hamburger Morgenpost einen Artikel veröffentlicht, ebenso die Berliner taz: Artikel aus taz. die tageszeitung (Beilage taz Nord) vom 17. 10. 2019, S.42

Andreas Speit: “Mit wem sich Rechtsextreme solidarisieren”

Sie möchten den Eindruck einer heilen Welt in der Holsten-Galerie, einem Shoppingzentrum in Neumünster, vermitteln. Mit der rechtsextremen Szene oder dem Rocker-Milieu habe der Tattooladen „Famous Tattoo – Lifestyle Store“ nichts zu tun, versichern Geschäftsführer Christian Franz und der Angestellte Matthias Stutz bei einem Gespräch mit Vertretern des „Runden Tisches für Toleranz und Demokratie“.

Die taz hatte in der Vergangenheit darüber berichtet, dass sich eine Mischszene aus Rechtsextremen und Rockern in Neumünster verankert. Dies wird durch den Umzug des Tattoo-Stores im Juni von der Holstenstraße in das zentral gelegene Einkaufszentrum mit rund 90 Geschäften deutlich. Die Versicherungen wirken wenig glaubhaft: Im Hintergrund agiert in dem Laden Peter Borchert, der eine lange militante Vita im Rechtsextremismus hat – von der NPD über die Kameradschaftsszene bis hin zur Gruppe „Combat 18 Pinneberg“. Zudem gehört er dem Rockerspektrum rund um das verbotene „Probationary Chapter Neumünster” der Bandidos an.

Borchert soll auch Stutz für die Bandidos angeworben haben. Aufnahmen, die die Kampagne „Kein Fame für Famous. Schöner Leben ohne Naziläden“ dokumentierten, zeigen Borchert und Stutz in Kutten des Rockerclubs und in T-Shirts des Tattoo-Shops. Im Netz könnte Borchert, der gegenüber der taz erklärte, keine geschäftliche Beziehung zu dem Laden zu unterhalten, eine Unachtsamkeit unterlaufen sein. Von seinem privaten Account antwortete er auf eine Nachfrage zu den Öffnungszeiten an Weihnachten 2018 auf der offiziellen „Famous“-Facebook-Seite: „Bis zum 20.12. Dann sind wir im Urlaub“. Wir? Damit outete sich Borchert, den die Polizei „der organisierten Kriminalität“ zuordnet, als Teammitglied.

Kaum hatte die antifaschistische Kampagne gegen dieses Netzwerk, das noch ein weiteres Tattoo-Studio und eine Bar betreibt, geplante Aktionen bekannt gegeben, erfolgten prompt erste Reaktionen – von ganz weit rechts. Die NPD erklärte ihre Solidarität für „Famous“ und rief dazu auf, die für kommenden Samstag geplante Kundgebung zu stören.

Diese findet vor der Holsten-Galerie statt. Im Internet hat auch die temporäre Webseite „Der Angriff“ zur Gegenmobilisierung aufgerufen. Dort hieß es, das „linke Spektrum in Neumünster” wolle, „ein Unternehmen (…) aus unserer Stadt“ vertreiben“. Diese „kommunistischen Weltverbesserer“ würden gegen das „Famous“ und seinen Betreiber hetzen: „Wir Nationalisten und Patrioten aus Neumünster und Umgebung sollten auch hier ein Zeichen gegen die Hetze der linksradikalen Gruppen“ setzen. Diese Solidarität zeugt von großer Nähe der Szene zum Team des Tattoo-Ladens.

Weitere Presseberichte hier in der Übersicht.

 

Entlarvend: Nazis erklären ihre Loyalität zu „Famous“

Während die „Famous“-Crew und ihr Umfeld verzweifelt versuchen, ihre offensichtlichen Nazi- und Rocker-Aktivitäten zu leugnen, meldet sich die NPD zu Wort, spricht angesichts unserer Aufklärungsarbeit von „Hetze und Diffamierung“ und erklärt ihre Loyalität zum Tattooladen. Besonders aussagekräftig ist aber, dass dieser Artikel von der extrem rechten Partei nicht selbst verfasst, sondern nur übernommen wurde, und zwar von „Der Angriff“, der auch dazu aufruft, die Kundgebung der „volksfeindlichen Kräfte“ der Kampagne „Kein Fame für Famous“ am 19.10. vor der Neumünsteraner Holstengalerie zu stören. Hinter dieser Facebook-Seite steckt der bekennende Holocaustleugner, Antisemit und Rassist Manfred Riemke (https://luebeck.systemausfall.org/nazi-watch-sh-14-manfred-riemke/), als Avatar hat er ein Plattencover der britischen NS-Band „Skrewdriver“ gewählt, die Gründungsmitglied von „Blood & Honour“ war und nach einem ihrer Konzerte 1991 in Cottbus mit einem Mob Jagd auf vermeintliche Ausländer machte. Lasst euch nicht einschüchtern, reist aber am 19.10. aus Sicherheitsgründen auch nicht alleine an, sondern nehmt Oma, Opa, KollegInnen oder FreundInnen mit.

links: “Skrewdriver”-Plattencover mit Adler und der abgewandelten Parole “Meine Ehre heißt Treue”, die Wahlspruch der SS war und in Deutschland strafbar ist; rechts: “Skrewdriver”-Frontmann Ian Stuart Donaldson, der von Nazis bis heute als Märtyrer verehrt wird

Aufruf der Kampagne “Kein Fame für Famous”

Im Herbst 2018 machten etwa 700 NeumünsteranerInnen bei der Demonstration „Wir sind mehr – der Norden gegen Rechts“ deutlich, dass in der Stadt an der Schwale kein Platz ist für Fremdenhass und Diskriminierung und setzten ein eindeutiges Zeichen gegen den Rechtsruck, unter anderem auch gegen bekannte Nazikneipen wie die Titanic. Auch die jüngsten Wahlen in Brandenburg und Sachsen zeigten, dass Menschenrechte und gesellschaft-liche Freiräume immer härter attackiert werden. In Neumünster sitzt schon seit Jahren die NPD in der Ratsversammlung und konnte bei der letzten Wahl mit 2 Vertretern die Fraktionsstärke erreichen. Auch die Neumünsteraner Innen-stadt ist vom Rechtsruck nicht verschont geblieben: Nach dem Umzug des Tattoostudios „Famous“ aus der Holstenstraße in die Holstengalerie kam es zu vermehrten Diskussionen, da dessen Betreiber aus der Nazi- und Rocker-Szene stammen – also aus Kreisen, denen nicht jede Stadt den roten Teppich ausrollt.

Zentrale Figuren bei „Famous“ sind Peter Borchert und Matthias Stutz. Stutz ist offiziell im Tattoostudio angestellt, gehört aber auch zum Rockerclub „Bandidos“, die sich in Neumünster einen blutigen Machtkampf mit den verfeindeten „Hells Angels“ geliefert haben und immer wieder durch Zwangs-prostitution, Menschenhandel und Waffenhandel aufgefallen sind. Stutz wurde 2017 dafür verurteilt, mit anderen „Bandidos“ einen verfeindeten Rocker niedergestochen zu haben. Peter Borchert vermeidet es, dass sein Name in offiziellen Papieren von „Famous“ auftaucht, ist aber – wie auch verschiedene Medien berichteten – eigentlich die treibende Kraft hinter dem Team um Strohmann Christian Franz. Dass er im Hintergrund bleiben möchte, liegt daran, dass der überzeugte Rassist und ehemalige NPD-Landesvorsitzende, der einen Großteil seines Lebens im Gefängnis verbrachte, zu den berüchtigsten Neonazis Deutschlands gehört.

Obwohl verschiedene Zeitungen und auch das lokale Radio über die Verstrickungen von „Famous“ im Milieu der rechten Rocker berichteten, reagierte die Center Managerin der Holstengalerie nicht etwa mit einer Abmahnung oder einer Kündigung, sondern nahm ihre Geschäftspartner Stutz und Franz in Schutz. Ein Radiointerview, das ihr unangenehme Fragen zu dieser Geschäftsbeziehung stellte, wurde auf ihren Druck hin aus der Mediathek des Freien Radio Neumünsters entfernt und versuchte so, eine kritische Berichterstattung zu erschweren.

Hinter der Holstengalerie steckt der Hamburger Betreiber von Einkaufszentren ECE, der zur Otto Familie gehört, die die Shopping-Mall auch mit ihrem privatem Geld gebaut hat. Der Otto-Verhaltenskodex verbietet es strikt, Menschen aufgrund ihrer „ethnischen, nationalen und sozialen Herkunft“ zu benachteiligen und beruft sich explizit auf die „UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen“, zudem heißt es, „Geschäftspartner verpflichten sich mit Aufnahme der Geschäftsbeziehung zur Otto Group, die Standards nicht nur in ihren Betrieben einzuhalten, sondern sie auch bei ihren Unterauftragnehmern sicherzustellen“.

Die Kampagne „Kein Fame für Famous“ ruft dazu auf, am Samstag, den 19.10.2019, um 15 Uhr auf den Gänsemarkt zu kommen, um …

… klarzustellen, dass „Famous“ durch seine Verstrickungen mit den
braunen Bandidos kein normaler Geschäftspartner sein kann.
… deutlich zu machen, dass die Machenschaften der „Famous“-
Betreiber nicht mit dem Otto-Verhaltenskodex zu vereinbaren sind.
… die NeumünsteranerInnen darüber aufzuklären, wem sie Geld in
den Rachen werfen, wenn sie sich bei „Famous“ tätowieren lassen.
… zu betonen, dass in Neumünster kein Platz sein darf für braune
Geschäftswelten.
… die Stadt dazu aufzufordern, den kriminellen Sumpf aus den Läden „Famous“, „Notorious Ink“ und „The Edge“ trockenzulegen, die als Geldwaschanlagen der Rocker gelten.

[Call for Action in English available here.]